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Brief eines Luftwaffensoldaten an ein ihm unbekanntes berliner Fräulein

                      Sonntag, 4. Oktober 42
Liebes Klärli!
    Nachdem ich Dir am letzten Sonn-
tag einige Grüße abgeschickt habe, so möchte
ich auch an diesem Sonntag ein Plauder=
stündchen mit Dir verbringen, leider nur in Ge=
danken. Aus praktischen Gründen werde ich öfter
mit dem Bleistift schreiben, das wird Dir doch
nichts ausmachen? Mit meiner Schrift wirst Du
wohl einigermaßen zurechtkommen, oder Dich
mit der Zeit daran gewöhnen. Heute am Ernte=
danktag hat unser 'Hermann' gesprochen, die
Rede hat uns bestens gefallen, Euch in der Heimat
doch sicher auch. Vor allen Dingen wurden viele Fra=
gen beantwortet und Dinge erörtert, über die
sich mancher nicht im klaren war, daher wirkte
die Rede allgemein beruhigend. Augenblicklich
nimmt mich der Dienst wieder reichlich in An=
spruch, wir richten uns nämlich für den kom=
menden Winter ein, wissen wir doch vom vergang=
genen Winter was er uns hier in Rußland bietet.
Ich wollte ja schon im vergangenen Jahr eine Karte
aus Moskau nach Hause schreiben, bin aber bloß
bis auf rund 100 km an diese Stadt herange-
kommen. Vor einigen Tagen hat Oberst Galland

uns einen Besuch abgestattet, ich habe mit
einigen Kameraden an dem Tage zur Unterhal=
tung gespielt, unser Saxophonspieler und ein
Akkordeonspieler sind leider im Moment nicht
hier. Allgemein vernachlässige ich meine Musik
etwas, ich finde es viel einfacher, wenn ich im
Radio schöne Marschmusik höre und mich
dabei aufs Bett lege, dabei gemütlich eine
Zigarre oder Zigarette rauche. Ich rauche aber
so wenig, so daß ich mit meinen täglich zu=
geteilten Rauchwaren gut auskomme. Du
kennst Berlin besser als ich, wenn ich in mei=
nem Urlaub einige Tage nach dort komme,
dann will ich möglichst viel davon haben.
Du kannst also mal ein schönes Programm
zusmmenstellen und mir davon schreiben.
Ich werde mich dann vorher schon darauf freu=
en. Nach einem Jahr in dieser Einöde habe ich
doch viel nachzuholen, nicht wahr? Nun will
ich meinen Brief an Dich wieder beendende, in
der Hoffnung bald von Dir zu hören
       Es grüßt Dich herzlich

               Dein
                     Ulli

     

© Horst Decker