profilm.de Zeitzeugenberichte Zusammenfassung

Brief eines Luftwaffensoldaten an ein ihm unbekanntes
berliner Fräulein

Liebe Klärli

        "Übermut tut selten gut" deswegen
ist mein heutiger Brief mit lauter leuch=
tenden Farben ausgeschmückt, wenn
auch das Leben hier nicht so bunt ist.
Gestern kam endlich nach 16 Tagen
wieder ein Brief von Dir, recht herzlichen
Dank dafür. Ja, ich sehe es auch schon
kommen, daß ich mir den Magen im
Urlaub verderbe, wenn das auch bei
mir fast garnicht vorkommt.
        Nun zu Deiner Frage, auf deren Ant=
wort Du so gespannt bist. Da habt
Ihr ja ein tolles Ding in die Welt
gesetzt, wenn ich nicht schon gewußt
hätte, daß derartige Gerüchte in der

Heimat umherschwirren, so wäre
ich bestimmt vom Stuhl gefallen.
Die Kämpfe sind dafür hier noch
viel zu heftig, sodaß meiner Mei=
nung nach an derartige Sachen
auch im kommenden Jahr noch
nicht zu denken ist. Wenn aber auf
irgend welchen veralteten oder lange
vor dem Krieg gedruckten Scheinen ein
derartiger Vermerk gestanden hat, so
ist er sicher schon damals auf dem
Formular mit aufgedruckt worden.
Im Wehrpaß´steht ja auch, im Falle
eines Krieges da und da melden, ob=
wohl gar kein Krieg ist, noch ein Krieg
zu erwarten ist.
       Gegenüber dem Vorjahr ist das
Wetter jetzt einfach herrlich. Wenn

der Winter auch nicht so streng
wird, dann haben wir ja Glück.
Eine kleine Varietégruppe ist auch
wieder hier, durchweg konnten wir
mit solchen Darbietungen immer zu=
frieden sein. Einen Film habe ich
noch nicht wieder gesehen hier. Jetzt
werde ich wieder schließen für heu=
te. Wenn man immer auf einen
Fleck sitzt, dann erlebt man nicht
viel.
      Herzliche Grüße
                Dein
                     Ulli



     


© Horst Decker