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Brief eines Luftwaffensoldaten an ein ihm unbekanntes
berliner Fräulein


                20. Februar 1943

Liebe Klärli
        Nachdem ich einige Zeit unter-
wegs war und es auf meinem jetzigen
Platz auch schon wieder etwas gemüt-
lich ist, komme ich endlich dazu,
Dir für Deinen Brief und besonders
für meine Fotos zu danken. Es
ist also alles gut angekommen. Was
das 'Herzleiden', wie Du so schön sagst,
anbetrifft, so ist das durchaus
nicht gefährlich. Wie es heute mit
Bekanntschaften ausschaut, weiß
ich selbst. Wir haben uns per Zu-
fall auf einer Geburtstagsfeier im
Nachbardorf von uns kennen gelernt.

Diese Geburtstagsfeier habe ich nur
mitgemacht, weil per Zufall mein
Urlaub um drei Tage verlängert
wurde. Ich bin also bei der ganzen
Geschichte völlig schuldlos! Sind wir
armen Männer ja übrigens immer.
Das soll aber kein Hindernis für
unseren freundschaftlichen Brief-
wechsel sein, wenn es auch mal
einen Brief weniger wird. Was mir
im Moment fehlt, sind Briefum-
schläge, ich werde wohl demnächst
welche von zu Hause bekommen.
Wer kann ahnen, dass der Krieg
so lange dauert, sonst hätte ich
mir damals in Frankreich schönes
Briefpapier kaufen können und

für eine schlechtere Zeit zurückgelegt.
Wahrscheinlich hätte ich mir dann
auch noch andere Sachen gekauft,
obwohl ich trotzdem nicht schlecht
für mich gesorgt habe. Mir fehlt
nur ein Sommer am Meer dazu,
um meine Sachen auszuführen.
Aber vorerst werden das noch Illusi-
onen sein und wer weiß wie lange
noch. Einen älteren Film habe
ich auch wieder gesehen und zwar
'Der siebente Junge'. So recht ge-
fallen mir altertümliche Filme
nicht. Eine Theatergruppe bestehend
aus 4 Damen und zwei Herren
hatten sich auch noch zu uns ge-

wagt und brachten ein humor-
volles Stück zur Aufführung,
betitelt 'Schwiegermutter'. Das
bei Euch in der Heimat auch immer
mehr Schwierigkeiten auftreten,
will ich gerne glauben. Leider sind
alle Anordnungen bitter notwen-
dig, sonst sieht es hier bei uns
richtig schlecht aus. Hier ist es noch
richtig Winter, aber auf jeden
Dezember folgt wieder ein Mai, also
warten wir.
        Für heute nun wieder Schluß
und herzliche Grüße,

                      Dein
                           Ulli




     


© Horst Decker