profilm.de Zeitzeugenberichte Briefwechsel Cuxhaven 1910-1918

Brief von Otto Rieck an seine Eltern in Hamburg

Er ist mittlerweile zum Füsilier Regiment Königin (Schlesw. Holst.) Nr. 86 nach Flensburg eingezogen worden und schreibt auf einem Briefbogen mit Regimentswappen

Flensburg, 7.Okt. 10
Liebe Eltern!
Zur Beruhigung will ich Euch
zuerst mitteilen, daß es mir
sehr gut geht. Ich bin der 5. Kompanie
zugestellt worden. Diese Kompanie
wird auch die Zivilkompanie
genannt. Der Ausdruck wird
Euch genug sagen über die Art

des Dienstes in dieser Kompanie.
Unser Feldwebel und Hauptmann
sollen die besten sein im ganzen Re-
giment. Dolland ist in der 4. Komp.
also im I. Bataillon. Er wohnt
deshalb in einer Kaserne. Loock
ist in der 8. Komp. also II. Bat. Wir
beide liegen zusammen mit
6 anderen Lehrern auf einer Stube.
Wir kommen also mit den Rekruten
und alten Mannschaften gar
nicht zusammen. Bis zum 12. Okt.
werden wir Lehrer (im ganzen sind
es 8 vom I. u. II. Bat.) mit den Ein-
jährigen Freiwilligen zusammen ausgebildet.
Wir haben jeden Tag Dienst, we-
nigstens für d. I. Zeit, von 8-11,
2-4 u. 4 1/4 - 5 Uhr. Unser

Unteroffizier, der uns ausbildet ist
vortrefflich. Der Dienst ist durchaus
nicht unausführbar. In den ersten Tagen
freilich konnte ich abends kaum
nach unsere Stube auf der IV. Etage
kommen. Jetzt merk ich nicht
viel mehr. Bald sind wir so viel
ausgebildet, daß wir auf die
Straße gehen können. Loock
ist heute Abend schon ausgegangen.
Er muß turnen für den 22. Okt.
Dann hat die Kaiserin Geburtstag.
Das Essen ist hier bis jetzt sehr schön.
Ich hole mir jeden Tag eine
Ration. Das ist soviel, daß ich
es nicht aufessen kann. Wir
erhalten sogar 2x in der Woche

abends warmes Essen. Da ich
heute Stubendienst habe, kann
ich nichts mehr schreiben.

Seid alle gegrüßt
von Eurem Otto



© Horst Decker


     


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