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Nachlass 'Josef Kreuter, Farben- und Stempelfabrikant, Frankfurter Str. 131, Gießen'

Brief geschrieben von Bekannten, 15.12.1948,
Bezug zur Arbeitslosigkeit

Schotten, 14.12.48

        Mein lieber Freund Kreuter!
      Euer lieber Kartengruss aus Bad Wildungen liegt
vor mir und es ist höchste Zeit, dass ich mich dafür
bedanke! Wir hatten uns s.Z. sehr über die Nachrichten
gefreut, besonders über die Mitteilung, dass es Eurer
Burgmaid gut gehe. Über die plötzliche Abreise Eu-
rer lieben Burgfrau waren wir recht erschrocken
und in Gedanken wünschen wir alles Gute für
Eure Lieben.
      Was uns bisher und auch heute noch bedrückt,
ist die Sorge um unseren Jungen, dem es trotz
ernstlicher Anstrengung nicht gelingt, in Arbeit
zu kommen. Er ist 23 Jahre alt und, wie so viele
seiner Altersgenossen, ein Opfer der Zeit. Er würde
auf dem einfachsten Posten seinen Mann stehen,
kann aber nicht ankommen, weil er keine 'Zeug-
nisse' vorweisen kann. Ich gebe nichts auf solche
Papierchen: Wie viel Lumpen stehen heute an verant-
wortungsvoller Stelle, an die sie auf Grund von
'Zeugnissen' geraten sind! Das Können und die
saubere Lebensführung sind m.E. entscheidend!
      Wir wünschen Euch geruhige Feiertage u.
senden herzliche Grüsse!
                  Euer getreuer
                        Beibel u. Frau


(Anmerkung d. Website: Herr Kreuter war Mitglied der Vereinigung der Schlaraffen, was die teils seltsamen Anreden erklärt

© Horst Decker