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Brief von Ehefrau in Werneuchen an Luftwaffenleutnant in Grottkau

Werneuchen, d. 18.X.1944

Mein liebes gutes Spätzchen!
Für Deine beiden lieben Briefe vom 14. meinen aller-
herzlichsten Dank. Gestern kam ich nun nicht mehr
zum Schreiben aber heute will ich Dir Deine lieben Briefe
beantworten. Es ist jetzt 14.30 Uhr, alles schläft und
draußen regnet es. So ein richtiges schönes Wetter zum
schmusen findest Du nicht auch. Ach Spätzchen, wenn
ich nur nicht solche Sehnsucht nach Dir hätte. Aber ich
habe das Gefühl als ob Du bald kommst, ich weiß auch
nicht wie das kommt. Das Paket hast Du also schon be-
kommen, es ging ja nicht lange. Ich möchte Dir so gerne
öfter mal ein Stück Kuchen schicken, aber Du weißt ja es
geht alles nicht so. Aber wenn erst Frieden ist holen wir
alles nach. Dann kann mein Spatz jeden Tag Kuchen
essen. - Sag mal, wo kommen denn auf einmal all die
kleinen Pickelchen her. Was sagt denn der Arzt was es
ist? Das muß ja furchtbar sein wenn es so juckt. Ist
es denn nun nach der Spritze wenigstens besser ge-
worden? Unser Junge ist seit gestern so schön artig, doch
wer weiß wie lange, er ist doch aber so süß mein Spatz.
Wenn er mich dann so anlacht kann ich garnicht
böse sein. Er ist ein kleiner Schelm. Mein Spatz, ich werde
schon nicht dünner, hab keine Angst. Ich glaube sogar
ich habe jetzt ein bischen zugenommen. Aber Spatz, wie
kannst Du nur fragen ob ich Dich noch lieb habe. Wenn Du
wüßtest wie sehr ich mich nach Dir sehne. Es ist schon

schlimm. Aber einmal wird auch der Tage kommen wo Du
wieder bei mir bist. Weißt Du, manchmal habe ich solche
Angst, unsere Lage an den Fronten sieht bestimmt nicht
rosig aus. Aber dann denke ich wieder, es darf garnicht
sein. Etwas Gutes kann nicht untergehen und das
Schlechte weiterleben. Es kann ja nicht sein, dann sonst
würden wir uns wohl nie wiedersehen und das wäre furchtbar.-
Ich kann mir denken das bei Euch alles so stur ist wenn
Ihr nicht fliegt. Ob das wohl noch mal sein wird? - So sehr
lutscht er nun auch wieder nicht am Daumen, aber ich
werde es ihm schon abgewöhnen. - Ja Spatz, mit dem
Geschenk zur Silberhochzeit ist das solche Sache. Ein Bild
ist bestimmt sehr schön, versuche doch mal ob Du nicht
etwas besorgen kannst. Wenn Du nicht kommen kannst
dann darfst Du doch bestimmt einmal nach Breslau. Es
wäre sehr schön und wohl auch das Einzige was man jetzt
schenken kann. Und dann haben wir gleich alle drei etwas.
Einen schönen Blumenkorb bekommen sie sowieso. Sieh mal
zu mein Spatz was sich machen läßt. - Uns geht es noch
gut. Übermorgen kommt Herr Rattunde für ein paar Tage. Na,
das wird ja was werden, dann lernt er auch seinen zukünftigen
Schwiegersohn kennen. Dem wird wohl das Herz schon in die
Hosen rutschen. Vielleicht auch nicht. Im November kommt
Ingelein nun zum Arbeitsdienst, alles Sträuben hat nichts
genutzt. Es ist auch ganz richtig. - Nimm nun für heute
recht viele herzliche Grüße und Küsse von Deinem
glücklichen
Pummelchen und Klein-Hartmut

© Horst Decker


     


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