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Der Dichter Erich Hempe befindet sich in Polen, in der Umgebung von Radom oder dort selbst. Lieselotte Hensel, die er erst vor kurzer Zeit kennengelernt hatte, ist nun zu Hause auf Urlaub..


O.U., den 3. Mai 1942
Mein liebes Hens'chen!
          Ich habe so große Sehnsucht nach Dir,
daß ich unbedingt mein Herz erleichtern muß. Es ist
mir einfach unfaßbar, wie lieb ich Dich nach unserer
so kurzen Bekanntschaft gewonnen habe. Jeder Tag
nach Deiner Abreise kommt mir unendlich lang
vor und wenn ich daran denke, daß es noch weitere
14 Tage sind, dann erscheint mir die Zeit wie eine
Ewigkeit. Ein Trost ist mir jedesmal Dein Bild.
Dann ist mir jedesmal als würdest Du mir
zärtlich zulächeln und es wird etwas ruhiger in
mir. Du wirst Dir wohl auch kaum denken
können, wie oft ich Dein Photo in die Hand nehme.
Froh aber werde ich erst wieder, wenn Du bei mir

sein wirst.
Gestern habe ich mir Deine so umschwärmten
'Illusionen' angesehen. Selten aber sah ich solch einen
Kitsch wie diesen. War auch das Spiel der Darsteller
gut, so erschien mir doch die Handlung als
Blödsinn. Wenn Du diesen Film nicht zu sehen
bekommst, dann hast Du nicht viel verpaßt.
          In dem ich Dir recht vergnügte Ferien wünsche
              grüße ich Dich auf das Herzlichste
                    als Dein
                              Erich

P.S.
Da ich den Namen von Klärchen
noch nicht kenne, mußte ich
einen Phantasienamen benutzen.

© Horst Decker