Der Anschluss Österreichs an das Deutsche Reich und die Folgen

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Die Bestrebungen Hitlers, den Anschluss Österreichs an das Deutsche Reich zu vollziehen, führte bei dessen Regierung und Bevölkerung zu unterschiedlichen Reaktionen.
Während die Regierung Österreichs (Bundeskanzler Engelbert Dollfuß - Partei Vaterländische Front) in der Nationalsozialistichen Regierung Deutschlands eine große Gefahr erkannte und die NSDAP und deren Unterorganisationen am 19. Juni 1933 in Österreich verbot, sympathisierte ein großer Teil der Bevölkerung längst offen mit der Hitlerbewegung. Mit ausschlaggebend hierfür dürfte der in Deutschland drastische Rückgang der (offiziellen) Arbeitslosigkeit gewesen sein. Nicht zuletzt erkauft wurde dieser 'Arbeitslosigkeitsrückgang' allerdings durch das Entfernen der Juden aus dem deutschen Beamtentum (ab 3. Juli 1933) und innerhalb der für den öffentlichen Dienst tätigen Juristen und Ärzten, was natürlich Arbeitsplätze freiwerden ließ, in die arbeitslose 'Arier' eintraten. Da die entlassenen Juden nicht als arbeitslos gezählt wurden, verbesserte sich so statistisch die Beschäftigungslage in Deutschland.
Eine ähnliche 'Umverteilung' der Arbeit erhofften sich viele Österreicher, denn das nicht so exportwirtschaftlich geprägte Land hatte die Folgen des ersten Weltkrieges und der folgenden Weltwirtschafts-Rezession noch weniger verkraftet als Deutschland.



Jahr 1919

Allerdings war der Ruf nach einer Vereinigung der seit Gründung des Norddeutschen Bundes (23. August 1866/1. Juli 1867) vom Deutschen Reich abgetrennten Österreichs bereits unmittelbar nach Beendigung des 1. Weltkriegs aufgetaucht. Im Friedensvertrag von St. Germain-en-Laye vom 6. September 1919 erklärten die siegreichen Alliierten daher, einen solchen Anschluss niemals zu dulden und verlangten von Österreich, sich solchen Forderungen zu widersetzen.
(Ironie des Schicksals, genau eine Woche später wird der Österreicher Adolf Hitler in München Mitglied der DAP (Deutschen Arbeiterpartei), die er seit Januar 1920 faktisch leitet und am 24. Februar in Nationalsozialistische Arbeiterpartei umbenennt und am 29. Juli 1921 unter dem seit Ende 1920 endgültigen Namen Nationalsozialistische Deutsche Arbeiter Partei NSDAP als Vorsitzender übernimmt.)

Jahr 1920

Dennoch bildet sich in Österreich eine Großdeutsche Volkspartei, der es am 16. Oktober 1920 auch gelingt, mit 15 Mandaten, was etwa 10% entspricht, in den Nationalrat einzuziehen.

Jahr 1921

Innerhalb einer Volksabstimmung in Tirol am 24. April 1921 verlangen 98,8 % der Bürger den Anschluss Österreichs an Deutschland. Bei einer entsprechenden Abstimmung am 29. Mai 1921 fordern 99,5% der Salzburger das gleiche. Die Forderung der Bürger der Steiermark, ebenfalls eine Volksabstimmung zu dieser Frage durchzuführen, führt zum Rücktritt des Bundeskanzlers Michael Mayr und zu der Drohung der Alliierten, die für Österreich überlebenswichtigen Hilfsprogramme einzustellen, falls die Anschlussbestrebungen nicht beendet werden.

Jahr 1922

Am 31.Mai 1922 wird der christlich geprägte Sozialist Ignaz Seipel neuer Bundeskanzler Österreichs.

Jahr 1923

Im Mai 1923 kommt es in Wien zu den ersten Straßenschlachten zwischen Anhängern der Nationalsozialisten und den Sozialdemokraten.

Am 8. und 9. November versucht Hitler die Macht in Deutschland gewaltsam an sich zu reißen. Der Putsch schlägt fehl und Hitler flieht, wird aber 2 Tage später verhaftet. Als eine der Folgen werden die NSDAP und deren Untergruppierungen im Deutschen Reich verboten. Im Untergrund bestehen sie allerdings unter dem neuen Namen 'Nationalsozialistische Freiheitsbewegung' und unter Führung des NSDAP Chefideologen Alfred Rosenbergs weiter, der in engem Kontakt mit dem auf der Festung Landsberg einsitzenden Adolf Hitler steht.

Jahr 1924

Am 1. April 1924 wird Adolf Hitler, dem als Hochverräter die Todesstrafe hätte drohen können, vom Bayrischen Volksgericht zur Mindeststrafe von 5 Jahren Haft verurteilt, mit der Aussicht, bereits nach 6 Monaten auf Bewährung freigelassen zu werden. In dieser sogenannten Haft, in der Hitler eine Zelle nach Standard eines gut bürgerlichen Wohnzimmers hat, darf er regelmäßig Besuch seiner Gesinnungsgenossen empfangen und so seine ihm offiziell verbotene politische Tätigkeit unverändert allerdings inoffiziell weiter ausüben. Hier entsteht auch sein Buch 'Mein Kampf', in dem er seine zukünftigen Absichten klar beschreibt.

Am 1. Juni wird der österreichische Bundeskanzler durch ein Attentat schwer verletzt.
Am 22. September 1924 lehnt die bayrische Landesregierung zum 2. Mal den Antrag der Landespolizei ab, Hitler als Bedrohung der Staatssicherheit nach Haftentlassung nach Österreich abzuschieben.
Adolf Hitler wird am 20. Dezember mit der Bewährungsauflage der politischen Enthaltsamkeit vorzeitig aus der Haft entlassen.

Spätestens 1924 hatte sich in Berlin der 'Oesterreich-Deutsche Volksbundes in Berlin' gegründet, der überparteilich tätig war und Mitglieder in ganz Deutschland und Österreich besaß.
Organ dieser Vereinigung ist der 'Heim-ins-Reich'-Verlag, der eine monatliche Zeitschrift herausgibt, deren einziges Thema die Vereinigung Österreichs mit Deutschland ist. Besonderer Ansatzpunkt für diese Organisation ist die Lehrerschaft in beiden Ländern, die aufgefordert wird, Einfluss auf die politische Willensbildung der Kinder zu nehmen. In beiden Ländern werden Kommissionen gebildet, die dementsprechend die Schulbücher hinsichtlich des Bildes des Nachbarstaats und der gemeinsamen Geschichte mit diesem überarbeiten und angleichen sollen.

Karte Heim ins Reich 1924, Österreichanschluss

Vorderseite der Karte 'Heim ins Reich' des Zentralorgans des Oesterreichisch-Deutschen Volksbund in Berlin


Karte Heim ins Reich 1924, Österreichanschluss
Teilansicht der Rückseite der Karte 'Heim ins Reich' des Zentralorgans des Oesterreichisch-Deutschen Volksbund in Berlin
Postkarte 1924, Österreichanschluss

Das selbe Motiv befindet sich auch auf einer Postkarte dieser Zeit. Die hier abgebildete Postkarte wurde allerdings mehr als 4 Jahre nach erfolgtem Anschluss am 4. Okt. 1942 verschickt



Jahr 1925

Am 14. Februar 1925 wird auch in Bayern das nach dem Hitlerputsch verhängte Verbot der NSDAP wieder aufgehoben. Bereits 13 Tage später, am 27. Februar gründet Hitler in München die NSADP neu. Allerdings besteht als Bewährungsauflage noch bis zum 10. März 1927 für Hitler ein Redeverbot.

Am 26. Februar 1925 hob Reichspräsident Paul von Hindenburg das seit dem Versailler Vertrag geltende Uniformverbot auf. Das führte zu einer Uniformierung der politischen Parteien. Auch die NSDAP beschloss, einheitliche Uniformen zu tragen. Die NSDAP und deren Unterorganisationen, vor allem die SA, hatten allerdings in solchem Maße Zulauf erfahren, dass Stoffe außer in den Farben schwarz (Freikorpsfarbe) und rot (KPD-Farbe) nur noch in brauner Farbe in der benötigten Menge kurzfristig lieferbar waren. So verschaffte der Zufall der NS-Bewegung braune Uniformen und das Adjektiv braun.

Jahr 1927

Am 15. März 1927 kommt es in Wien, der Hochburg der Nationalsozialisten, nach dem Mord an einem Arbeiter und einem Kind zu schweren Ausschreitungen von Sozialdemokraten, die zu 89 Toten und 600 Verwundeten führen. Das führt erneut zu Aufrufen, Österreich an das starke Deutsche Reich anzuschließen.
In den folgenden Jahren, die durch die weltweite Wirtschaftsrezession geprägt sind und die sich besonders auf die durch enorme Reparationslasten gelähmte deutsche und österreichische Wirtschaft auswirken, finden in beiden Ländern häufige Regierungswechsel statt.
Die vielen Wahlen bewirken in Deutschland ein stetiges Anwachsen der NSDAP, während die Regierungen Österreichs versuchen linke und rechte radikale Strömungen in gleichem Maße abzuwehren. Zu Deutschland selbst gibt es allerdings gewisse Annäherungen.

Jahr 1931

Als der beide Staaten 1931 eine Zollunion planen, geht Frankreich massiv gegen diesen Schritt vor und zwingt den amtierenden österreichischen Bundeskanzler Otto Ender am 20. Juni 1931 zum Rücktritt. Sein Nachfolger wird Karl Buresch, dessen sozialistische Regierung sich wieder von Deutschland distanziert.

Jahr 1932

Unterdessen ist die NSDAP in Deutschland so stark geworden, dass sich Adolf Hitler am 13. März 1932 zur Wahl als Reichspräsident aufstellen lassen will. Hierzu müsste er allerdings deutscher Staatsbürger sein. Das Problem löst die Landesregierung Braunschweigs elegant, in dem sie Hitler zum sachverständigen Regierungsrat ernennt, womit für ausländische Bürger automatisch die Aufnahme in die deutsche Staatsbürgerschaft verbunden ist. Allerdings gewinnt Paul von Hindenburg die Wahl (53%). Aber Adolf Hitler erreicht mit 36,8% der Stimmen weit vor allen weiteren Parteien den zweithöchsten Stimmenanteil. Der Aufstieg der NSDAP in Deutschland ist unübersehbar. In den folgenden Landtagswahlen erhält sie fast überall die absolute Mehrheit. Am 30. Mai 1932 tritt der Deutsche Reichskanzler Heinrich Brüning zurück. Am 6. Mai war bereits der österreichische Bundeskanzler Karl Buresch zurückgetreten. Am 20 Mai wird statt seiner Engelbert Dollfuß gewählt.

Dollfuß befürwortet einen starken, bis faschistischen katholisch geprägten Nationalstaat. Dabei orientiert er sich (ebenso wie Hitler) am italienischen Diktator Benito Mussolino, der seine Politik auch unterstützt. Obwohl antisemitisch und national eingestellt, lehnt Dollfuß den expansiv geprägten deutschen Nationalsozialismus ebenso ab, wie die Sozialdemokratie und den demokratischen Rechtsstaat. Sein Justizminister war Kurt von Schuschnigg, der dieses Amt bereits unter dem Vorgänger Dollfuß innehatte. Beide reagierten auf die blutigen Zusammenstößen zwischen Sozialisten und Nationalsozialisten am 19. Oktober 1932 mit einem Aufmarschverbot für beide Parteien unter Androhung harter Strafen. In Laufe der Folgezeit werden bis zu 16.000 politische Links- und Rechtsextremisten in Lagern inhaftiert.

Jahr 1933

Am 30. Januar 1933 wird Adolf Hitler von Hindenburg widerstrebend zum neuen deutschen Reichskanzler bestimmt.

Durch die Wahl Hitlers erlebte der Nationalsozialismus in Österreich erheblichen Aufwind. Die österreichischen Nationalsozialisten forderten eine Regierungsbeteiligung, was Dollfuß ablehnte. Hitler reagiert darauf am 1. Juni 1933 mit der sogenannten 1000,- Mark-Sperre. Das bedeutet, jeder Reichsdeutsche, der nach Österreich reisen wollte, musste für die Erlaubnis hierzu eine Gebühr von 1000,- Reichsmark bezahlen. Begründet wurde das damit, dass alle Deutschen Nationalsozialisten seien und er durch das Gesetz fürsorglich verhindern wolle, dass Deutsche jenseits der Grenze Repressalien ausgesetzt seien. Daraufhin brach, wie von Hitler beabsichtigt, der deutsche Tourismus, der einen großen Beitrag zur Wirtschaft Österreichs geleistet hatte, völlig zusammen.
Als Reaktion verbot Dollfuß am 19. Juni 1933 die NSDAP in Österreich.
In Folge kam es dort verstärkt zu Hausdurchsuchungen und Haftstrafen gegen Befürworter des sich in Österreich unvermindert ausbreitenden Nationalsozialismus, was sich aber als relativ wirkungslos erwies. So spottete das deutsche NS-Organ 'Das neue Deutschland' bereits im Oktober 1933, dass die österreichische Polizei bei Hausdurchsuchungen bei österreichischen Nazis mittlerweile fünf bis sechs Polizisten einsetzen müsse, um sicherzustellen, dass wenigstens ein Nicht-Befürworter der Nazis darunter sei.
Aber nicht nur die Nationalsozialistische Bewegung erlebt in Österreich erheblichen Zuwachs, auch Sozialdemokraten und Kommunisten profitieren von einer armutsgeprägten Radikalisierung der Innenpolitik.

Jahr 1934

Immer heftiger werdende Auseinandersetzungen zwischen Sozialisten und Nationalsozialisten führen am 12. Februar 1934 zur offenen Kämpfen und zur Anwendung des bereits am 10. November 1933 eingeführten Standrechts.
Folge der Auseinandersetzungen, die zu 297 Gefallenen und 802 Verwundeten geführt hatten, war allerdings das Verbot aller sozialdemokratischen Verbände und Gewerkschaften. Es wird ihm Rahmen der Wiederherstellung des Inneren Friedens zwar auch 1 Nationalsozialist hingerichtet, 12 NS-Rädelsführer werden ausgebürgert und weitere 750 werden vorläufig interniert , aber die Nazis gehen dennoch gestärkt aus diesen Auseinandersetzungen hervor, denn im Gegenzug waren 2000 bis 2500 Sozialisten zu Gefängnisstrafen verurteilt, weitere 114 interniert und 5 ausgewiesen worden.

Fünfundzwanzig Tage nach dem sogenannten 'Röhmputsch' in Deutschland (in dem die Hitlerregierung innerhalb von 3 Tagen 59 politische Gegner innerhalb der eigenen Partei ohne rechtsstaatliches Verfahren hinrichten ließ), am 25. Juli 1934 , stürmen als Bundessoldaten verkleidete österreichische Nationalsozialisten das Gebäude des österreichischen Rundfunks und erklären Dollfuß für abgesetzt. Zugleich stürmt eine weitere Gruppe das Parlament und ermorden den Bundeskanzler. Adolf Hitler distanziert sich von dem Geschehen in Österreich.

Nachruf Engelbert Dollfuß
Nachruf auf Engelbert Dollfuß




Jahr 1935

Wahlscheinumschlag Volksabstimmung Saar 1935
Original Umschlag zum Verschicken der Abstimmungsunterlagen an saarländische Bürger mit Wohnsitz im Deutschen Reich



Am 13. Januar 1935 stimmt das nach den Bestimmungen des Versailler Vertrages französisch verwaltete Saarland über eine Wiedervereinigung mit dem Deutschen Reich ab. Mit 90,8% der Stimmen entscheiden sich die saarländischen Bürger für eine Zugehörigkeit zu Deutschland. Dieses klare Votum bestärkt die Österreichischen Nationalsozialisten, die je ebenfalls immer wieder verlangen, dass eine entsprechende Volksabstimmung in Österreich durchgeführt wird.

Mitgliedskarte der NF
SF 1. Sept. 1935
Original Mitgliedskarte der NSF (Nationalsozialistische Frauenschaft) Wien für NSDAP Mitglied seit 1. Sept. 1935



Am 16. März 1935 führt Deutschland entgegen den Bestimmungen des Friedensvertrag von Versailles wieder die Wehrpflicht ein und kündigt an, mit 36 Divisionen die größte Streitmacht Europas aufzubauen.
Auf dem 7. Reichsparteitag in Nürnberg am 15. September 1935 wird die faktische Entrechtung der Juden gesetzlich bestimmt. Sie werden von der deutschen Staatsbürgerschaft ausgeschlossen, was gleichbedeutend einem allgemeinen Berufsverbot entspricht. Jeder private Kontakt zwischen Deutschen Reichsbürgern und Juden wird unter Androhung von Strafen untersagt. Insbesondere trifft dies für Eheschließungen und sexuelle Kontakte zu. Jüdische Beamte verlieren nicht nur ihre Beschäftigung, sondern auch den Anspruch auf Pensionen. Einzig im letzten Punkt sehen die Gesetze eine Schonung der jüdischen Bürger vor, die im 1. Weltkrieg in der deutschen Armee gedient haben. Viele Juden setzen ihre Hoffnung darauf, dass sie die Kriegsteilnahme 1914-1918 vor weiterer Verfolgung bewahren wird. (siehe auch 1938)

Jahr 1936

Am 7. März 1936 erklärt Adolf Hitler den Locarno Vertrag für nichtig. Dieser Vertrag vom Oktober 1925 beendete die am 11. Januar 1923 zur Durchsetzung der Reparationsleistungen erfolgte belgisch-französisch Besetzung des deutschen Rheinlands zugunsten einer entmilitarisierten Zone. Adolf Hitler lässt die neue Wehrmacht ins Rheinland einmarschieren. Die Alliierten kommen zu keinem Entschluss über Gegenmaßnahmen. Am 29. März 1936 lässt sich Hitler durch Volksentscheid bestätigen, dass dieser Völkerrechtsbruch dem Willen der Bevölkerung entsprach. 99% der deutschen Bevölkerung bestätigen den Rechtsbruch der Regierung.

Anstecknadel Volksabstimmung Rheinlandbesetzung
Anstecknadel zur Volksabstimmung zur Rheinlandbesetzung durch die Wehrmacht

Auch das verstärkt den Willen der österreichischen Nazis, in ihrem Land ebenfalls eine Volksabstimmung zu fordern.
Allerdings führt die österreichische Regierung unter dem seit 30.Juli 1934 eingesetzten Bundeskanzler Kurt von Schuschnigg im Gegenzug in Österreich die allgemeine Wehrpflicht ein.
Am 11. Juli 1936 erkennt Deutschland die volle Souveränität Österreichs an.
7 Tage später beginnt der spanische Bürgerkrieg, in dem das Deutsche Reich nach anfänglicher offizieller Zurückhaltung zusammen mit Italien die rechtsgerichteten Truppen das General Franco mit 'Freiwilligenverbänden' der extra geschaffenen Legion Condor unterstützt. Insbesondere die deutsche Luftwaffe erweist sich als die modernste und schlagkräftigste Truppe der Welt. Der spanische Bürgerkrieg wird zur Machtdemonstration des 3. Reiches.
28. August 1936, die sich seit der Regierung Schuschniggs verschlechterten Beziehungen von Deutschland und Österreich normalisierten sich etwas durch die Aufhebung der 1000,- Reichsmark-Sperre. Im Gegenzug versprach die österreichische Regierung, die Verfolgung von Nationalsozialisten einzustellen. Allerdings wurden in Österreich keine Maßnahmen ergriffen, die die Lage der Nationalsozialisten verbessert hätte. Im Dezember 1937 erklärte Schuschnigg hierzu, dass dies auch nie seine Absicht gewesen wäre.

Reiseprospekt Österreich nach Aufhebung der 1000 RM Sperre 1936deutscher Reiseprospekt nach Aufhebung der 1000,- RM Sperre, Preise in österreichischen Schilling und Angabe des Kurses zur Reichsmark (Schillings 1 Reichsmark = 1 Schilling 50 Groschen). Nun z.B. Pauschalangebote 14 Tage Urlaub in Kärnten. Nun nach Aufhebung der 1000,- RM Sperre, z.B. 14 Tage Klagenfurt 62,- bis 70,- RM; zuvor kostete ein Urlaub mit der Sperre 1000,- Reichsmark mehr! Das konnte sich kein Deutscher leisten, da fuhr man lieber für weniger als den zehnten Teil des Preises in ein anderes Land.



Jahr 1938

Folge dieser Rede war eine imperative Einladung Hitlers an den österreichischen Bundeskanzler Schuschnigg zu einem Treffen auf dem Obersalzberg bei Berchtesgaden. Dieses Treffen fand am 12. Februar 1938 statt. In der Aussprache drohte Hitler ultimativ einen Einmarsch der Wehrmacht an, falls Schuschnigg die NS-Bewegung in Österreich weiterhin verfolgte und behinderte und nicht die am 28. August 1936 zugesagten Erleichterungen für die österreichische NS-Bewegung umsetze. Schuschnigg erklärte unter dem Druck, ein Amnestiegesetz für NS-Straftäter zu erlassen, das er am 18. Februar verkünden wolle.

Zugleich stimmt Schuschnigg zu, Arthur Seyß-Inquart zum Innenminister und Verbindungsbeauftragten zwischen Deutschland und Österreich zu bestimmen. Seyß-Inquart war zu diesem Zeitpunkt noch nicht Mitglied der österreichischen Nationalsozialisten, sympathisierte aber in hohem Maße mit einem Anschluss an das Deutsche Reich. Erst nach dem Einmarsch der Wehrmacht vergab im Adolf Hitler Titel und Rang des 'Reichsstatthalters SS-Gruppenführers'.

Dr. Arthur Seyß-Inquart 1938
Dr. Arthur Seyß-Inquart

Schuschnigg war allerdings in Wirklichkeit nicht bereit, die zugesagten Erleichterungen für die österreichische NS-Bewegung auch umzusetzen. Er spielte auf Zeit und hoffte auf die Hilfe der Alliierten Westmächte, insbesondere auf Frankreich, England und Italien. Immerhin hatten diese im Friedensvertrag von St. Germain-en-Laye selbst als eine Bestimmung verlangt, dass Österreich nicht mit Deutschland vereint würde und immer wieder erklärt, solche Bestrebungen mit Macht zu verhindern. Damit sah Schuschnigg die Alliierten in Zugzwang.
Unabhängig davon hielt Adolf Hitler am 20. Februar 1938 eine Rede vor dem Reichstag, die hier auszugsweise, so weit sie sich auf Österreich bezieht, wiedergegeben ist. Auszug der Reichstagsrede vom 20. Febr. 1938
Am 24. Februar 1938 folgte dann die life im Radio übertragene, angekündigte Rede Schuschniggs. Statt Erleichterungen für die österreichische NS-Bewegung zu verkünden, enthielt sie schwere Vorwürfe gegen die Regierung des Deutschen Reichs. Zwar wurde die zugesagte Generalamnestie und Entlassung für NS-Straftäter durchgeführt, aber ohne die Gesetze zu ändern, die die Entlassenen in relativ kurzer Frist wieder in die Gefängnisse verbringen würden.
Auszug der Rede des österreichischen Bundeskanzlers Dr. Kurt von Schuschniggs vor dem österreichischen Bundestag vom 24. Febr. 1938, Bekenntnis zur Eigenständigkeit Östereichs
Schuschnigg erhoffte sich durch diese Rede Hilfsangebote von den Alliierten, die ja immer betont hatten, einer Vereinigung Deutschlands und Österreichs mit äußerstem Widerstand zu begegnen. Insbesondere hatte er auf einen Beistand Mussolinis gehofft. Doch dieser, nach dem 1. Weltkrieg einer der entschiedendsten Gegner Deutschlands, hatte sich seit Oktober 1936 für das, für seine Politik wichtigere, Deutsche Reich entschieden, von dem er sich Unterstützung in seiner Expansionspolitik in Nordafrika versprach. Als trotz seinen Noten an die Alliierten keinerlei Hilfsangebote kamen, entschloss sich Schuschnigg zu einem letzten verzweifelten Rettungsversuch. Am 9. März 1938 verkündet der österreichische Bundeskanzler am Sonntag den 13. März, also in knapp 4 Tagen, eine Volksabstimmung zur Frage des Anschlusses an Deutschland durchzuführen. Bekanntmachung des Texts, über den bei der Volksabstimmung am 13. März abgestimmt werden soll
Er hofft mit dieser Maßnahme seine politischen Gegner zu überrumpeln und auch zu übervorteilen. Denn es waren nur Stimmzettel gedruckt worden, die die Haltung der Regierung bestätigten. Wer mit Nein stimmen wollte, musste einen eigenen Stimmzettel in genauer Größe und Art der amtlichen und ihm unbekannten 'Ja'-Stimmzettel mitbringen, ansonsten war die Stimme ungültig, was im Entscheidungsspielraum der Wahlhelfer lag, - alles Mitglieder seiner Vaterländischen Partei. Zugleich war es zur Stimmabgabe dem eigenen Willen belassen, mit welchem amtlichen Dokument man sich auswies. Zur Kontrolle wurde dies abgestempelt. Diese Vorgehensweise ermöglichte es allerdings, dass die selben Personen mit unterschiedlichen Dokumenten mehrfach ihre Stimme abgaben, was die 'Ja'-Abstimmer weiter begünstigte, da andere Stimmzettel noch immer mit großer Wahrscheinlichkeit ungültig waren. Im weiteren war vorgesehen, dass die Wahl nur auf individuellen Wunsch geheim war und hierzu Wahlumschläge nur auf Anfrage abgegeben werden sollten. Bedenkt man, dass die Wahl von Schuschniggs Partei kontrolliert wurde, so gehörte zur Nachfrage nach einem Wahlumschlag, anstatt offen für Schuschniggs Partei zu stimmen, schon großes Selbstbewusstein.

Der neue österreichische Innenminister Seyß-Inquart weigerte sich, diese Volksabstimmung zu unterstützen. Stellungnahme Seyß-Inquarts vom 10.03.1938 und Beitrag des Staatsrats Jury vom 11. 3. 1938 zur Volksabstimmung
Das Deutsche Reich protestierte gegen die Durchführung des Volksentscheides. Bereits seit dem Morgen des 11. März 1938 standen deutsche Infanterie- und Panzerdivisionen von Heer und Waffen-SS einmarschbereit an der Grenze zu Österreich, worauf Bundeskanzler Schuschnigg die Reservisten des Jahrgangs 1915 zum Schutz der Volksbefragung einberufen ließ. Unter dem Druck eines deutschen Einmarsches zog Schuschnigg nach eindeutigen Stellungnahmen Englands und Italiens, keine militärische Konfrontation mit dem Deutschen Reich in Kauf zu nehmen, am 11. März 1938 um 19 Uhr das Gesetz zur Volksabstimmung zurück, wobei er noch von einer Verschiebung der Volksbefragung sprach.
Nur wenige Minuten danach erklärte der österreichische Bundeskanzler Schuschnigg in einer Rundfunkrede seinen Rücktritt. Er begründete den Rücktritt mit dem Hinweis, nur der Gewalt des Deutschen Reich zu weichen, um Blutvergießen zu vermeiden. Rücktrittsrede des österreichischen Bundeskanzlers Dr. Kurt von Schuschnigg am 11. März 1938 gegen 19:50 Uhr
Unmittelbar nach der Rede traten auch alle Mitglieder der Regierung, bis auf den Innenminister Seyß-Inquart zurück. Die Regierungsgewalt lag somit entsprechend der österreichischen Verfassung in Seyß-Inquarts Hand, der nur fünf Minuten nach der Rücktrittsrede Schuschniggs im Rundfunk seinen Anspruch auf die Führung Österreichs erklärte, was der österreichische Bundespräsident Miklas nach anfänglichem Zögern auch bestätigt. Seyß-Inquart übertrug daraufhin die exekutive Gewalt von der national-österreichisch eingestellten Vaterländischen Front auf die österreichischen Nationalsozialisten. Rundfunkrede des österreichischen Innenministers Seyß-Inquart am 11. März 1938 gegen 19:55 Uhr
Bereits vor seiner Rede hatte der neue Bundeskanzler Seyß-Inquart ein Telegramm mit der Bitte um militärischen Beistand an Hitler gesandt Inhalt des Telegramms .
Weniger als eine halbe Stunde nach dem Telegramm Seyß-Inquarts unterzeichnet Hitler den Befehl zum Einmarsch in Österreich, um, wie er es später begründet, einen Bürgerkrieg, wie er in Spanien noch immer tobte, zu verhindern.

NSDAP Leiter Major Klaußner

Der österreichische Landesleiter der NSDAP Major Klaußner auf dem Titelbild der deutschen NS-Illustrierten 'Das neue Deutschland', Ausgabe Mai 1934'


Zugleich erklärt der österreichische Landesleiter der NSDAP Major Klaußner um 1:08 Uhr im Rundfunk die Übernahme der Regierungsgewalt in Österreich durch die Nationalsozialisten. Rundfunkrede des österreichischen NSDAP Landesleiters Major Klaußner am 12. März 1938 gegen 01:08 Uhr
Auf Grund der Hilfszusage Hitlers rief der österreichische Staatsrat Jury am 12. März 1938 um 1.30 Uhr nachts in Österreich die neue Nationalsozialistische Regierung unter Führung von Seyß-Inquart aus. Unmittelbar darauf marschierte die Wehrmacht in Österreich ein und wurde von der Bevölkerung jubelnd empfangen. Das österreichische Bundesheer schloss sich begeistert den deutschen Truppen an.

Foto Einmarsch in Österreich - Österreichanschluss
Foto aus dem Album eines Panzersoldaten der Wehrmacht. Rückseitig handschriftlich 'Einmarsch in Österreich 13.3.38 vor Linz a.d.D.'

Am 13. März 1938, an dem Tag, an dem Bundeskanzler Schuschnigg die Volksbefragung durchführen wollte, reiste Adolf Hitler zum offiziellen Empfang nach Linz, wo er vom kommissarischen Bundeskanzler Seyß-Inquart herzlich empfangen wurde. In seiner Begrüßungsrede erklärte Seyß-Inquart den Vertrag von St. Germain, der die Vereinigung Deutschlands und Österreichs untersagte, für erloschen. Damit schaffte er die formelle Voraussetzung für eine Vereinigung mit dem Deutschen Reich, deren Beabsichtigung ja bisher offiziell nie thematisiert worden war. Denn noch in der Stellungnahme zur von Schuschnigg geplanten Volksbefragung hatte die österreichische NSDAP ja argumentiert, dass die 'Parolen' der am 9.3.1938 angekündigten Befragung welche die Regierung Schuschniggs bestätigen sollte, fadenscheinig seien, da jeder die Fragen selbstverständlich mit 'Ja' beantworten würde ('die Grundsätze sind von allen Österreichern außer Diskussion gestellt'). Direkt die erste Parole hatte auf die Unabhängigkeit und den Bestand Österreichs hingezielt.
Willkommensrede des österreichischen Bundeskanzlers am 13. März 1938 für Hitler bei seinem Besuch in Linz
Antwortrede des deutschen Reichskanzlers Adolf Hitler am 13. März 1938

Noch am Tage des Hitlerbesuchs wurden das Gesetz 133a 'Bundesverfassungsgesetz und das Gesetz 133b des Deutschen Reichs vom 13.3.1938 über die Wiedervereinigung Österreichs mit dem Deutschen Reich' beschlossen.

Österreichbesuch Linz - Adolf Hitler
Aufmarsch in Wien, März 1938, Nr. 1 - österr. Bundeskanzler Seyß-Inquart, 2 - Reichskanzler Adolf Hitler, 3. - Reichsaußenminister von Ribbentrop, 4 - Chef des OKW General Keitel


Um die österreichische Bevölkerung mit den deutschen Politikern vertraut zu machen, bestimmte der österreichische nationalsozialistische kommissarische Bundeskanzler Seyß-Inquart, dass die deutschen Standard-Briefmarken, auf denen sich ja die Porträts des Reichskanzlers und Führers Adolf Hitlers oder des verstorbenen, aber höchst populären Reichspräsidenten Paul von Hindenburg befanden, ab dem 4. April in Österreich gültige Wertzeichen sind und alleine oder gemeinsam mit österreichischen Briefmarken zum Frankieren von Briefen verwendet werden konnten. Hiervon machten die nationalsozialistisch gesinnten Bevölkerungsanteile Österreichs regen Gebrauch, was einen erheblichen Propagandawert beinhaltete. Österreichische Briefmarken waren im Deutschen Reich jedoch nicht zugelassen. Ab dem 22. Juni 1938 wurden alle deutschen Briefmarken in Österreich rechtsgültig, während österreichische Briefmarken nicht mehr neu gedruckt wurden und nur noch bis Ende 1938 zugelassen waren.

Postkarte Mischfrankatur - Österreichanschluss

Postkarte - Mischfrankatur mit einer österreichischen und zwei deutschen Briefmarken (links - deutsche Sondermarke
zum Österreichanschluss, der zum 10. April erwartet wurde,
diese abgestempelt mit Sonderstempel mit Nennung des Führergeburtstags am 20. April) - 9. April 1938
Brief Mischfrankatur - Österreichanschluss

Brief - Mischfrankatur mit drei österreichischen und einer deutschen Briefmarke - 12. April 1938




Als die Regierung des Deutschen Reichs und die neue österreichische Regierung dann am 10. April 1938 in beiden Ländern die im Anschlussvertrag bestimmte Volksabstimmung zum Anschluss Österreichs an das Deutsche Reich durchführten, war die Wahlbeteiligung in beiden Ländern höher als 99% und von den abgegebenen Stimmen befürworten ebenfalls mehr als 99% die Vereinigung Deutschlands mit Österreich.

Wahlausweis Österreichanschluss

deutscher Wahlausweis zum Anschluss Österreichs an das Deutsche Reich
Der mit Balken markierte Absatz schloss gegen Strafandrohung die Teilnahme von Juden bei der Abstimmung aus! Die amtliche Judendiskriminierung bestand somit bereits vor dem Anschluss an das Deutsche Reich, der ja erst nach der Wahl besiegelt wurde.

Wahlaushang Österreichanschluss

Aushang mit Hinweis auf das zuständige Wahllokal bei Volksabstimmung in Österreich

Interessant bei dem Aushang (rechtes Bild), in welchem das für das betroffenen Haus zuständige Wahllokal benannt ist, ist der Hinweis, welche Dokumente zum Nachweis der Stimmberechtigung mitzubringen sind. Wurde bei der von Schuschnig geplanten Volksabstimmung zum 13. März von der NSDAP noch bemängelt, dass der Nachweis einer Wahlberechtigung mit jeder Art von Ausweis möglich war und so einzelne Personen unter Nutzung verschiedener Ausweise mehrfach wählen konnten, so schloss die Volksabstimmung der NSDAP am 10. April genau diesen Umstand ebensowenig aus. Es ist daher nicht einmal ausgeschlossen, dass das Zustimmungsergebnis von 99% der stimmberechtigten Österreicher nicht durch mehrfache Stimmabgabe Einzelner beeinflusst wurde. So wurde erlaubt unter Vorlage folgender Dokumente zu wählen:
Zitat:"Als Ausweise kommen insbesondere in Betracht: Erkennungskarten, Tauf-, Geburts- und Trauscheine, Heimatscheine, Reisepässe, amtliche Legitimationen jeder Art, Arbeitsbücher, Dienstkarten, Jagdkarten, Gewerbescheine, Lizenzen, Diplome, Immatrikulationsscheine und Meldebücher einer Hochschule, Hoch- und Mittelschulzeugnisse, militärische Dokumente u. dergl., überhaupt alle Ausweise, welche den Personenstand des Stimmberechtigten erkennen lassen." Zitat Ende.
Volksabstimmung Österreichanschluss

Anstecknadel zur Volksabstimmung vom 10. April 1938, mit der vom NSDAP Landesleiter von Österreich, Major Klaußner öffentlich gemachten Parole: 'Ein Volk, ein Reich, ein Führer'
Diese Parole ist allerdings nichts anderes, als eine Umformulierung der bei Gründung des deutschen Kaiserzeit 1871 geprägten Parole: 'Ein Reich, ein Volk, ein Gott'.

Propagandakarte Österreichanschluss

Propagandapostkarte zum Anschluss Österreichs an das Deutsche Reich

Sonderzeitung Österreichanschluss 1938

Sonderausgabe der Zeitschrift 'Die Woche' zum Anschluss Österreichs an das Deutsche Reich

Landkarte Österreichanschluss 1938

neue Reichskarte unmittelbar nach dem Österreichanschluss mit Aufdruck 'des Deutschen Reichs nach dem 13. März 1938'



Damit hatte die offizielle österreichische Politik gegen die Stimmung im Volk verloren.
Lediglich England und Frankreich protestierten auf diplomatischem Wege gegen die Ausübung des Drucks, den das Deutsche Reich durch ein Ultimatum auf die Regierung Schuschnigg ausgeübt habe. Hingegen beglückwünschten die meisten anderen Länder die deutsche Regierung zur Wiedervereinigung des Deutschen Reichs mit Deutsch-Österreich.

österreichisches Parlament nach März 1938
Postkarte zum Österreichanschluß - Österreichisches Parlamentsgebäude 1938



Staatsrechtlich bleibt allerdings die Frage, ob es nicht so ist, dass die offizielle Regierung letztlich die Politik bestimmt und nicht das Volk. Zumal die Regierung durch völkerrechtliche Bestimmungen an ihre Politik gebunden war.
Dagegen wurde von der deutschen Reichsregierung eingewendet, dass die Regierung von Schuschnigg ja überhaupt keine Legitimierung mehr besaß, da sie unter dem Einfluss des Rechtsrucks in Österreich seit 10 Jahren eine Wahl verweigere. Ein Argument, das sich allerdings relativiert, wenn man bedenkt, dass Hitler zu diesem Zeitpunkt selbst auch bereits ohne Wiederwahl außerhalb der verfassungsmäßigen Amtszeit regierte und zwar nach seinem ausgedrückten Willen als Führer auf Lebenszeit.
So reduziert sich die Frage danach, ob Österreich nun Opfer oder Mittäter des NS-Unrechts war auf die philosophische Bewertung der Frage, ob es rechtmäßig ist, wenn eine nicht verfassungsgemäß eingesetzte und regierende Parteiregierung berechtigt ist, mit verfassungswidrigen Mitteln zu verhindern, dass das Volk entgegen Völkerrecht eine neue Regierung einsetzt, wodurch - zu diesem Zeitpunkt nach Blick auf die Vorgänge in Deutschland - noch schwerwiegendere Verfassungsverstöße zu erwarten waren?
Alle Vorwürfe, die er zur Begründung des Einmarsches vorgebracht hatte, trafen auf seine Politik in erheblich größerem Umfang selbst zu, insbesondere die Verfolgung politisch anders Denkender.
Kann man dem deutschen Volk vorwerfen, einen Menschen als Reichskanzler gewählt zu haben, der nie einen Hehl aus seinen menschenverachtenden politischen Ansichten gemacht hatte, so muss man dem österreichischen Volk vorwerfen, diesen selben Mann erwählt zu haben, obwohl sie bereits 5 Jahre lang beobachten konnten, dass das, was man 1933 eventuell noch als demagogische Wahlpropaganda sehen konnte, schreckliche Realität war.

Unmittelbar nach der NS- Machtübernahme in Österreich begann dort die Verfolgungen aus politischen, sozialen und rassischen Gründen. Also genau das, was Hitler zuvor Schuschnigg bezüglich der Anhängern der NS-Bewegung vorgeworfen hatte, allerdings um Potenzen schlimmer. Auch Kurt von Schuschnigg wurde inhaftiert und nach mehreren verschiedenen Haftorten 1941 ins KZ Sachsenhausen verbracht.
Auszug der Reichstagsrede vom 18. März 1938

antisemitisches Ehegesetz nach Österreichanschluss
'Das Ehegesetz', ausdrücklich anläßlich des Österreichanschlusses am 6. Juli 1938 neu gefasst, um die Nürnberger Rassengesetze auch ins österreichische Recht einzubringen.
Ariernachweis für Eheschließung Wien 1938
Nur 20 Tage nach Gesetzbeschluss am 26.Juli 1938 ausgefertigte Ariernachweis zur Eheschließung, numeriert 384/38.
Problematisch erschien der starke Katholizismus in Österreich, der eine Ehescheidung praktisch ausschloss, wo hingegen nach den Rassegesetzen Ehen zwischen 'Ariern' und Juden aufgelöst werden sollten.



Zugleich wurden die bereits bestehenden Gesetze gegen jüdische Bürger noch verschärft. So wird am 22.Juli 1938 die Einführung speziell gekennzeichneter Ausweise für Juden beschlossen. Zum 25. Juli 1938 folgt das Gesetz, dass ab dem 30. September 1938 alle Approbationen jüdischer Ärzte ungültig werden. Ein entsprechendes Gesetz betreffs jüdischer Rechtsanwälte folgt am 27. Sept. 1938. Am 7. Oktober 1938 wird bestimmt, dass alle Juden ihre Pässe innerhalb von 14 Tagen abgeben müssen. Am 30. Oktober 1938 verlieren jüdische Patentanwälte ihre Zulassung.

Unabhängig davon war die Wehrmacht am 1. Oktober in das Sudentenland einmarschiert und hatte dort am 30. Oktober unter dem Gauleiter Konrad Henlein eine nationalsozialistische deutsche Regierung eingesetzt. Die Tschechoslowakei war dabei bis auf einen kleinen autonomen Rest zwischen Deutschland, Polen und Ungarn aufgeteilt worden. Die Vorgehensweise von Hitler war vergleichbar seiner Österreich-Politik.

Medaille für Verdienste bei Anschluss des Sudetenlands
Medaille für Verdienste beim Anschluss des Sudetenlandes (Vorderseite)
Sonderpostkarte Anschluss des Sudetenlands
Propagandapostkarte zur Besetzung des Sudetenlandes am 1. Oktober 1938
Medaille zum Anschluss des Sudetenlands
Medaille für Verdienste beim Anschluss des Sudetenlandes (Rückseite)



In einer späteren Volksabstimmung bestätigen 98.9% der Sudetendeutschen Adolf Hitler als ihren Führer.

Nachdem es bereits direkt nach der Machtergreifung in Österreich zu lokalen Aktionen gegen jüdische Bürger gekommen war, nahm die Reichsregierung das Attentat des Juden Herschel Grünspan in der deutschen Botschaft in Paris zum Anlass zum 9. November reichsweit zu Vergeltungsmaßnahmen aufzurufen. In der sogenannten 'Reichskristallnacht' wurden 91 jüdische Bürger getötet, 29 jüdische Warenhäuser, 171 jüdische Wohnhäuser und 101 Synagogen abgebrannt, 7500 Geschäfte von Juden verwüstet und 35.000 Juden in KZs interniert. Alle bei den Ausschreitungen an eigenem und fremden Besitz entstandene Schäden mussten die jüdischen Opfer selbst bezahlen. Hierzu mussten sie rund 1 Milliarde Reichsmark aufbringen. Der deutsche Innenminister Hermann Göring bot der jüdischen Bevölkerung an, sich gegen entsprechende Zahlung aus ihren Pflichten gegenüber dem Deutschen Reich herauszukaufen und eine Ausreiseerlaubnis zu erhalten.
Im Januar wird der Terror auf die Juden im Großdeutschen Reich weiter verstärkt. Ihnen wird der Besuch von Kinos und allen kulturellen Veranstaltungen verboten. Ihre Führerscheine werden eingezogen und jüdische Kinder durften keine deutschen Schulen mehr besuchen, sie wurden nicht mehr zu Gesellen- und anderen Berufsabschlussprüfungen zugelassen. Jüdische Apotheker, Zahn- und Tierärzte verloren ihre Zulassung. Zugleich erhielten sie wieder Pässe und Kennkarten, die aber mit großem roten 'J' gekennzeichnet sind. Zusätzlich mussten jüdische Frauen nun als zweiten Vornamen den Namen Sara annehmen, jüdische Männer den Zusatznamen Israel.

Besitzurkunde für Orden Erster Weltkrieg - jüdischer Bürger Wien

Besitzurkunde eines jüdischen Bürgers aus Wien, die bestätigt, dass der Betroffene im 1. Weltkrieg für Deutschland gekämpft hat und mehrere Tapferkeitsorden erhalten hatte. Auf Grund des 7. Reichsparteitag in Nürnberg vom 15. September 1935 erhofften sich jüdische Bürger mit solchen Nachweisen Verschonung vor Verfolgung.

Heimatschein Wien - österreichischer Jude

Rückseite eines Heimatschein der Stadt Wien, ausgestellt für jüdischen Bürger am 11. November 1929. Annahme des Zusatznamens 'Israel' wird am 22.06.1939 bestätigt.



Geburtsurkunde eines jüdischen Bürgers von Wien, ausgestellt a, 2. November 1894. Am 22. Juni 1939 abgestempelte Änderung des Namens von 'Adolf Deutsch' in 'Adolf Israel Deutsch .

Reisepass Deutsches Reich für Juden - rotes JReisepass Deutsches Reich für Juden - rotes J

Deutscher Reichs-Reisepass, ausgestellt für jüdisches Ehepaar in Wien, eingetragene Zusatznamen 'Sara' und 'Israel' und roter 'J'-Stempel



Auf Grund dieses Drucks verlassen rund 130.000 von rund 210.000 Juden Österreich, nun die Ostmark des Deutschen Reichs. Fast alle der verbliebenen österreichischen Juden leben in Wien. Von diesen überleben nur etwa 3% den Holocaust.
Postkarte der Jüdin Rosa Sara Schück, Wien, Berggasse 31 an in die USA emigrierten nahen Verwandten

Einreiseerlaubnis USA für jüdisches Mädchen 1939
Einreiseerlaubnis für ein jüdisches Mädchen, ausgestellt vom US Konsulat in Wien 1. Februar 1939
Karte Ghetto Theresienstadt 1944
Postkarte einer Wienerin aus dem Ghetto Theresienstadt, 5. Januar 1944




Jahr 1939

1939 hat Adolf Hitler sein bei Machtergreifung gesetztes Ziel, nämlich die Wiedergewinnung aller durch die Niederlage im 1. Weltkrieg verlorenen gegangenen Gebiete zurückzugewinnen, weitgehend erreicht. Im Osten fehlen neben dem Memelland nur noch Oberschlesien, Posen und Westpreußen, die sich unter polnischer Regierung befinden. Als Polen sich zu keinen Zugeständnissen bereit erklärt, schließt Hitler mit Stalin am 23. August 1939 einen Nichtangriffspakt, in dem Polen aufgeteilt und Osteuropa in Interessengebiete eingeteilt wird. Was Hitler allerdings zu diesem Zeitpunkt nicht wusste, vorausschauend hatte Polen mit England und Frankreich einen Beistandspakt abgeschlossen. Aber der drohende Krieg wird dadurch nur noch um 6 Tage verzögert. Am 1. September 1939 marschiert die Wehrmacht in Polen ein. Zwar gelingt es ihr, Polen innerhalb von nur 4 Wochen zu besetzen und am 27. September 1939 zur Kapitulation zu zwingen. Aber das war nicht das Ende des Krieges. Mit dem deutschen Einmarsch in Polen hatten England und Frankreich dem Deutschen Reich den Krieg erklärt. Der 2. Weltkrieg hatte begonnen.

Nachdem die Niederlande am 10 Mai 1940 trotz ihrer erklärten Neutralität im Rahmen des Kriegs gegen Frankreich von der Wehrmacht angegriffen und besetzt worden war, wurde der österreichische NSDAP Führer Arthur Seys-Inquart am 18. Mai 1940 Reichskommissar für die besetzten Niederlande. Zu seinem Verantwortungsbereich gehörte die Organsation von Zwangsarbeit und Deportierung von Juden in die KZs. Nach Kriegsende wurde er von den Alliierten verhaftet und am 31. August 1946 in den 'Nürnberger Prozessen' als einer der 12 Hauptbeschuldigten zum Tode durch den Strang verurteilt und am 15. Oktober des Jahres hingerichtet.

Unmittelbar vor Kriegsende und die totale Niederlage Deutschlands vor Augen, versuchte die SS noch den ehemaligen österreichischen Bundeskanzler Schuschnigg mit anderen prominenten Häftlingen nach Italien zu evakuieren, mit dem ausdrücklichen Auftrag, alle Gefangenen zu liquidieren, falls die Gefahr einer Befreiung durch die Alliierten bestand, wovon angesichts der Kriegslage auszugehen war. Allerdings kam es anders. Die SS stieß auf eine Wehrmachtsgruppe, die, angesichts der absehbaren eigenen Gefangennahme, die SS ultimativ aufforderte, alle Gefangenen freizulassen. Die unmittelbar folgenden amerikanischen Truppen übernahmen die Gefangenen. Schuschnigg, der damit rechnete, in Österreich wegen Verfassungsbruchs vor Gericht gestellt zu werden, kehrte vorerst nicht nach Österreich zurück, sondern emigrierte in die USA . Dort arbeitete er als Professor für Staatsrecht und nahm 1956 sogar die amerikanische Staatsbürgerschaft an. Dennoch kehrte er 1968 nach Österreich zurück, wo er, ohne je wieder politisch tätig zu werden, am 18. November 1977 verstarb.



© Horst Decker

Quellenangabe:
Hefte 'Das Neue Deutschland', Jahrgänge 1933 und 1934
Heft 'Flug und Werft' vom 13. August 1938
Heft 'Flug und Werft' vom 19. September 1938
Buch 'Tag der Erfüllung', Bruno Brehm, Wien 1939
Buch 'Weltgeschichte der Gegenwart, Band 5, Internationale Politik 1937/38, Werner Frauendienst 1940
Heft 'Führerbotschaft an Volk und Welt - Reichstagsrede vom 20. Febr. 1938 - Zentralverlag der NSDAP
eigene Dokumente
Abbildungen cr. Horst Decker
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